Fließende Räume / Floating Spaces

Karten des Donauraums 1650–1800 / Maps of the Danube Region 1650–1800

   Mit der „schönen, blauen Donau“ verbinden wir spätestens seit dem Walzer von Johann Strauß einen „fließenden“ Großraum, dessen Rückgrat der europäische Hauptstrom ist. Das war nicht immer so: Erst in den militärischen Auseinandersetzungen mit dem Osmanischen Reich wurden im ausgehenden 17. und frühen 18. Jahrhundert weite Teile Südosteuropas für den Kaiser erobert. Kartografen gaben diesen unbekannten Landschaften eine Form. Sie erschufen Bilder eines Stromes, der nicht nur Länder, Städte und Menschen miteinander verbindet, sondern zwei Welten: Abendland und Morgenland, Orient und Okzident. Die Bildwelten der Kartenmacher erzählen nicht nur von Begegnung und Austausch, sondern auch von herrschaftlichen Machtansprüchen, militärischen Auseinandersetzungen und religiöser Abgrenzung. Sie zeichnen das bis in die Gegenwart wirksame Selbstbild des „christlichen Europas“ und das bedrohliche Bild des muslimischen Feindes. Kartografen fügten Landschaften zu einem Ganzen zusammen, grenzten Territorien voneinander ab und erfanden den Raum immer wieder neu. Trotz vielfacher Grenzziehungen blieb der weite und komplexe Donauraum offen und wandelbar – eben ein fließender, dem Leben zugewandter Raum.


  At least since Johann Strauss’s waltz, “the beautiful blue Danube” has been associated with a “floating” region, of which the backbone is the major European river. This was not always the case: it was only in the military confrontations with the Ottoman Empire at the end of the seventeenth and the beginning of the eighteenth centuries that wide areas of South-Eastern Europe were conquered for the Emperor. 
  Cartographers gave these unknown landscapes a form. They created images of a river that bound together not only countries, towns, and people, but also two worlds: the West and the East, Orient and Occident. The image worlds of the map-makers not only tell of encounter and exchange, but also of grand claims to power, military confrontations, and religious delimitation. They draw a self-image of “Christian Europe” that has operated into the present day, and a threatening picture of the Muslim enemy.
  Cartographers assembled landscapes into a whole, delimited territories from one another, and constantly reinvented the region. In spite of numerous delineations of the border, the wide and complex Danube region remained open.

 

2019-04-01